Fette geile Party, es funzt oder Herr Güternsen und der Tageslichtprojektor
Nele Kießling und Jannis Kaffka geben ihr „Abschiedskonzert“ - ein Improtheaterabend am Gymnasium Himmelsthür
Wie ist es eigentlich, wenn die Täter Jahre nach der Tat an den Ort des Geschehens zurückkehren? Hierfür fanden Nele Kießling und Jannis Kaffka am Abend des 20. Septembers mit ihrem Programm „Abschiedskonzert“ als die Figuren Melanie und Kristian ungewöhnliche, witzige und tiefsinnige Antworten.
Allerdings wurden diese Antworten nicht bereits einstudiert vorgetragen, sondern waren das Ergebnis einer spontanen, vor Ort entstandenen, Improvisation.
So mussten die zwei Künstler zunächst ihre Rollen und ihr Programm finden. Wer waren die beiden, die – so die einzige Vorgabe von Kießling und Kaffka - nach achtzehn Jahren mit ihrer Band in das Gymnasium Himmelsthür gekommen waren, um für ihr dortiges Abschiedskonzert zu üben und wie lauteten überhaupt Bandname und Songtitel. Diese Fragen mussten die Zuschauer, die zahlreich erschienen waren und an der Mitgestaltung des Programms sichtlich Freude hatten, beantworten. Schnell erhielten die zwei Figuren, die Kießling und Kaffka fortan verkörperten, einen Namen und erste Konturen: Melanie und Kristian, zwei ehemalige Schüler, die vor achtzehn Jahren von der Schule geflogen waren, einmal im Jahr mit ihrer Band „Hausalarm“ auftraten und heute nach achtzehn Jahren in ihrer alten Schule für ihre letzte Vorstellung probten bzw. diese auch präsentierten.
Nach dieser Findungsphase zogen sich Kießling und Kaffka zur weiteren Ausgestaltung ihrer Rollen zurück und entließen ihr Publikum in eine kurze Pause, in der es sich mit Getränken und kleine Snacks versorgen konnte.
Die Figuren Melanie und Kristian waren genauso schräg, wie die Songs, die sie darboten. Mit einer roten Kurzhaarperücke und im blauen Kleid sang eine herrlich schrille Melanie Titel wie „Fette geile Party“, „Es funzt“ oder „Die Kreide quietscht“. Für die musikalische Begleitung sorgte Kristian, dessen pomadisiertes Haar glänzte und der sich für einen coolen, jungen und hippen Typen hielt, während Schmerbauch, schlechte Körperhaltung und phrasenhafte Sprache bereits den ewig Gestrigen entlarvten.
Zwischen den Songs nahmen Melanie und Kristian die Zuschauer auf eine verklärte Reise durch ihre Schulvergangenheit mit. Es wurde von der schreckliche Frau Direktor Bremsebrecht und dem nettesten Lehrer aller Zeiten, Herrn Gütersen, erzählt, der stets die gleiche Kleidung getragen hatte. Melanie erinnerte sich, alles geraucht zu haben, was Kristian ihr geben hatte, einmal sogar eine Socke. Während beiden zunehmend versuchten, eine Fassade von Rebellion und Coolness aufrechtzuerhalten, zeigten sich Schritt für Schritt zwei Menschen, die sich als gescheitert in Leben und Liebe fühlten. Als Schüler wegen der „Entführung“ des Schulmaskottchens, das sich grotesker Weise als Overheadprojektor herausstellte, der Schule verwiesen, bildete das jährliche Konzert stets den Höhepunkt des Jahres für sie, durch den sie Bedeutung erfuhren und sich wiedersehen konnten. Regel Nr. 1 „Wir machen Musik“ und Regel Nr. 4 „Wir reden nicht über Privates“ schützten sie vor der Konfrontation mit der Realität. Doch diese war nicht mehr länger zu verdrängen, denn Melanie, deren Beziehungen stets gescheitert waren, hatte ihren langweiligen Job als Rechtsanwaltsgehilfin verloren, Kristian, der vom Erbe lebe, nie einen gehabt, dafür aber für Melanie stets besondere Gefühle gehegt. Mit „Hack“, dem für sie während der Schulzeit geschriebenen Lied, offenbarte Kristian Melanie schließlich seine Liebe. Es dauerte aber noch einige Zeit, bis sich beide eingestehen konnten, was sie wirklich verband. Am Schluss schienen sie sich gefunden zu haben, denn während Melanie und Kristian in einem Schlussbild in Innigkeit erstarrten, ertönte Elvis Liebeslied „You are always on my mind.“
Kießling und Kaffka brillierten mit Humor, Spontaneität und Einfallsreichtum und sorgten für einen tollen Abend. So war das „Abschiedskonzert“ nicht nur Melanies und Kristians letztes Konzert, bei dem sie so viel in ihrem Leben klären konnten, sondern auch ein würdiger Abschluss des ereignisreichen und schönen Jahres zum 50jährigen Jubiläum unserer Schule.
Wir bedanken uns herzlich bei allen, die diesen Abend ermöglicht und zu seinem Gelingen beigetragen haben.
Text: D. Diers, Fotos H. Junker, N. Flöter